Erfahrungen: Unser Sohn ertaubt nach einem Hörsturz einseitig und entscheidet sich für ein Cochlea Implantat

Dankbarkeit steht am Ende eines Jahres, große Dankbarkeit für die Hilfe und Unterstützung, die wir in dieser Zeit erfahren durften

Diagnose: einseitige Ertaubung

Die Diagnose der einseitigen Ertaubung erhielt unser Sohn im Herbst 2015. Nach einem Hörsturz, dessen Ursache nie geklärt werden wird, und einem totalen Gleichgewichtsausfall stand innerhalb von Tagen fest, dass sein Hörvermögen zukünftig ausfällt.

Eine total veränderte Lebenssituation forderte unsere ganze Kraft. Zuversicht und Mut haben uns allerdings nie verlassen, dennoch sorgten wir uns verantwortungsbewusst, teils zweifelnd, fragend, wie gestaltet sich unsere Zukunft, wie werden wir mit dem Hörverlust umgehen und vor allem welche Lösungen stehen uns offen? Zunächst ging es darum, sich mit der Thematik grundsätzlich auseinanderzusetzen, sehr Vieles ist auf uns eingeströmt, wir haben uns gezielt Informa­tio­nen geholt. Ein breites Spektrum gab uns Überblick und der Einstieg in die Tiefen machte uns bewusst, in welche Richtung der weitere Weg gehen kann.

Das fehlende Richtungshören machte sich überall bemerkbar. Im Straßenverkehr war besondere Aufmerksamkeit geboten, Gruppensituationen oder Geräuschkulisse erschwerten die Kommunikation deutlich. Zwar gewöhnten wir uns schnell daran, aber welches Glück empfinden wir heute, dass sich diese Alltagsproblematik auf ein Minimum reduziert hat.

Um Welten verbessert

Dank des Cochlea-Implantats verbesserte sich unsere Lebenssituation um Welten. Wir wollen es gar nicht mehr missen. Es ist ja nicht nur die wunderbare Unterstützung bei der Kommunikation für den CI-Träger, sondern auch für die Umwelt, die die Vorteile ebenfalls erlebt. Selbst die kleinen Dinge werden bewusst, nicht jedes Mal den Kopf zum Empfänger wenden zu müssen, nicht immer die visuell direkte Ansprache wählen zu müssen, Zurufe kommen auch über eine Gruppe hinweg an, und vor allem der Empfänger hört, woher die Ansprache kommt. Gefahren sind viel schneller wahrnehmbar, können sogleich geortet werden. So sehr das einseitige Hörvermögen den Tag veränderte, so verändert sich wiederum das Leben mit CI. Eine tolle Sache. Es ist so unglaublich wertvoll, auf diese Technik zurückgreifen zu können und damit wieder Sprache und Ton hören und verstehen.

Kontakt zu Betroffenen

Damit können wir all denen Mut machen, bei der Entscheidung für oder gegen ein Cochlea-Implantat den Kontakt zu Cochlea-Trägern zu suchen. Hier bietet sich Gelegenheit, sich auszutauschen, direkt Fragen loszuwerden und Kenntnis über die Erfahrungen damit zu sammeln. Kurz nach unserer Diagnose hatten wir hierzu die Chance. Wir sind sehr dankbar für die offene Begegnung an dem geselligen SHG-Treffen in Stuttgart. Unsere Vorstellungen über Ausstrahlung, Umgang und Lebensalltag war nämlich ganz anders und hat sich keineswegs bestätigt. Dies fing schon damit an, dass wir eine auffallende Gruppe Hörbehinderter suchten. Die CI-Gruppe fiel keinesfalls als „schwerhörig“ auf und wir fühlten uns in diesem Kreise willkommen. Wenngleich unser jugendlicher Sohn den Altersdurchschnitt nach unten drückte, war es dennoch interessant, sich auszutauschen. Das erste Signal an uns war: Wir sind nicht alleine – und es gibt (technische) Hilfe.

Hilfe durch den sonderpädagogischen Dienst

Einen weiteren Ansprechpartner fanden wir im sonderpädagogischen Dienst, der die Verbindung von Regelschule und Familie unterstützend fördert, sofern die Familie das möchte. Es ist ein tolles Angebot, auf das man zurückgreifen kann. Fragen zum privaten Alltag mit Hörschädigung sowie Unklarheiten und Probleme in der Schule können angesprochen werden. Wir nehmen das bis heute in Anspruch, je nach Bedarf, ganz flexibel. Auch hier verliert man sich nicht alleine in der Schulwelt. Die „Erstversorgung“ was Information anbelangt und die Klärung der medizinischen Belange und Fragen hat unser CI-Zentrum in Stuttgart übernommen. Auch hier wurden wir sehr angenehm und umfassend auf den erforderlichen Wissenstand gebracht. Wir fühlen uns nach wie vor dort sehr gut aufgehoben. Die Beratung über die weiteren Möglichkeiten brachte uns Aufschluss, die Umsetzung in Praxis konnten wir nachfolgend mit CI-Trägern wie oben beschrieben nachvollziehen, bzw. auch beim Hörgeräteakustiker umsetzen.

Der Weg zum neuen Hören mit dem CI

Unser Sohn entschied sich für ein CI, diese Wahl haben wir zustimmend mitgetragen. Ostern war es dann soweit. 4 Tage in der Klinik mit sehr freundlicher Pflege und unser Vertrauen in das Ärzteteam hatte erfolgreich in eine Erstanpassung Ende April geführt. Ohne Komplikationen von Operation bis zum ersten Hören verlief alles sehr gut. Unsere Tränen ließen sich gar nicht zurückhalten, nachdem anfangs naturgemäß erstmal Störgeräusche ankommen, doch nach 2 Wochen bereits ein Satz zur Hälfte unser Sohn verstehen konnte.

Mit sportlichen Fortschritten lernte das Gehirn, die Signale umzusetzen. Heute, nach ca. 8 Monaten, sind wir alle sehr zufrieden. Die Logopädie im Hause des Zentrums verhalf uns mit konstruktiven Tipps, auf den Entwicklungsstand zugeschnittenen Übungen und umfassender Betrachtung von unserer Situation zielführend zu einem mehr als zufriedenstellenden Hörergebnis auf dem CI-versorgten Ohr.

Selbstverständlich werden es für unseren Sohn immer Höreindrücke bleiben, die jedoch immer mehr zu einem natürlichen Hören sich weiterentwickeln werden. Die Balance von gezieltem Üben und auch dem Gehirn Zeit zu geben, das Neue zu verarbeiten, ist wohl unseres Sohnes persönliches Erfolgsrezept.

Damit sind Sie als Leser und wir als betroffene Familie am Ende dieses bewegten Jahres angekommen und können nur von ganzem Herzen Danke sagen. Danke an das Ärzteteam, Dank an die Therapeuten und Techniker, die das System anpassen, Dank an unsere Ansprechpartner in der CIV-SHG, Dank an unseren sonderpädagogischen Dienst und an alle, die uns Mut zugesprochen und Anteil genommen haben. Vergessen sei hierbei nicht unser Glaube an Gott, aus dem wir Kraft und Zuversicht schöpfen konnten.

Familie Weber